Europa im Übergang - Interkulturelle Transferprozesse, Internationale Deutungshorizonte, Freiburg, Germany, 9 - 15 September 2017, pp.125, (Summary Text)
Was das Eigene ist und das Fremde, wird vor allem an den Grenzen des Eigenen bestimmt, die man zwischen sich und dem Fremden setzt. Grenzziehungen sind demnach auch eine Art von Eigenidentitätsbestimmungen. Die Konstruktion einer europäischen Identität findet auf verschiedenen Diskursebenen statt. Einer dieser Diskursebenen ist die Gestaltung Europas auf geographischen Karten. Dabei variieren die Vorstellungen von einem geographisch bestimmten Europa. Die Frage, wo die Grenzen Europas liegen, ist auch immer eine Frage, was zu Europa gehört und was nicht. Vor allem im Rahmen der Diskussionen eines Beitritts der Türkei in die Europäische Gemeinschaft schlagen sich die Debatten über die Zugehörigkeit der Türkei zu Europa verschiedenartig in geographische Karten nieder. Die Frage um die Türkei scheint dabei Europa zu einer Selbstbestimmung insbesondere anzustacheln. Bei der Betrachtung der Landkarten fällt auf, dass die Türkei als Grenzmarker eine Schwellenposition hat. Mal auf der Europakarte, mal auf der Asienkarte, sehr oft aber geteilt und farblich markiert als europäischer und asiatischer Teil widerfahren der Türkei besondere Inklusions- und Exklusionsverhalten seitens der Kartographen. Obwohl Karten Zeichensysteme sind, die aus eindeutig definierten Elementarteilchen zu bestehen scheinen, zeigen die Kombinationsmöglichkeiten ihrer Konstituenten und die Verschiedenheit der kartographischen Darstellungsformen, dass Karten die Eigenschaft “monosemiotisch“ (Bertin, Sémiologie graphique, 1967: 10) zu sein, nicht gewährleisten. Sie können Wissen über das abgebildete Territorium reorganisieren. Ausgehend von der kartographischen Positionierung der Türkei problematisiert der vorliegende Beitrag geographische Ordnungsvorstellungen anhand von Europakarten, die diachronisch analysiert werden.
Schlüsselwörter: Kartographie, Kartosemiotik, Europa, Identitätsbestimmung, Türkei